Für Frieden – gegen rechtes Pro-Putin-Manifest

Für Frieden – gegen rechtes Pro-Putin-Manifest

16. Februar 2023 Aus Von Stephan Bordt

Der Aufruf von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer enthält durchaus richtige Forderungen. Aber er schafft eine Täter-Opfer-Umkehr, lässt entscheidende Fakten weg und ist rechtsoffen. Deshalb: Nicht unterstützen!

Eigentlich ist eine Diskussion über dieses Manifest gar nicht nötig. Es genügt, dass eine der Initiatorinnen Alice Schwarzer ist, einst Vorreiterin des Feminismus, seit langem allerdings unerträglich weit nach rechts gerückt und transfeindlich wie der letzte Dumm-Nazi. Aber okay, es geht hier um ein wichtiges Ziel: Das Blutvergießen auf den Schlachtfeldern in der Ukraine beenden, Menschenleben durch Beendigung der Kämpfe retten. Das kann ich klar unterstützen. Einiges an den Forderungen im Manifest ist deshalb absolut richtig, weshalb ich verstehen kann, dass etliche Menschen unterschrieben haben, die ich sehr schätze.

Allerdings wird einiges im Manifest für den Frieden nicht erwähnt, v.a. die Schuld- bzw. Verursacher-Frage. Schlimmer noch: Sie wird in völliger Umkehr der tatsächlichen Ereignisse geschildert. Die Schuld für die Fortführung des Krieges wird beim ukrainischen Präsidenten Selenskyj gesucht und nicht beim Aggressor, dem russischen Präsidenten Putin. Als wäre nicht Russland ohne Not in der Ukraine, sondern umgekehrt die ukrainischen Truppen in Russland einmarschiert. Das ist völlig absurd!

Kein Wunder, dass das Manifest auf Beifall und Unterstützung von rechtsextremistischen Kreisen und Nazis, allen voran der AfD, stößt. Das gibt den Verfasserinnen und Aufrufer/innen für die im Zusammenhang mit dem Manifest veranstalteten Kundgebung vor dem Brandenburger Tor offenbar nicht zu denken – im Gegenteil. Über ihren holden Gatten (übrigens – um Hähme zu begegnen – nicht nur Ex-Linke- sondern auch Ex-SPD-Vorsitzender) Oskar Lafontaine lässt Wagenknecht verkünden: Gegen AfD-Beteiligung haben wir nichts, so lange es um den Frieden geht. Dass der Begriff dehnbar ist, wissen er und die zwei Damen natürlich. Aber so funktioniert nun mal Kriegspropaganda, Begriffe werden einfach in ihrer Bedeutung gemäß der eigenen Ziele bis zur Unkenntlichkeit zurechtgebogen. Das können Putin und seine Sympathisant/innen noch besser als die schon schlimme NATO und die kriegsbesoffenen Oliv-Grünen, die ja so ein bisschen die Friedrich Eberts des 21. Jahrhunderts sind (und Gustav Noskes, wie sie in Lützerath bewiesen haben).

Ich veröffentliche an dieser Stelle einen Antrag an einen Landesverband der Partei DIE LINKE, den mit mir befreundete Genossinnen und Genossen verfasst, von der Veröffentlichung dann aber abgesehen haben, weil sie nicht noch mehr Öl ins Feuer dieser für die Partei vergifteten Diskussion gießen wollten. Ich danke ihnen für die Erlaubnis der Veröffentlichung auf herbstrot.de

Keine Werbung und kein Aufruf für Unterstützungsunterschriften für das „Manifest für Frieden“

Die Petition „Manifest für Frieden“ (folgend kurz „Manifest“ genannt), verfasst von Sarah Wagenknecht und Alice Schwarzer, ist keine friedenspolitische Position, der wir uns anschließen können, noch wollen.

Der Bundesparteitagsbeschluss  der LINKEN vom Juni 2022 stellt folgende Leitlinien in den Mittelpunkt:

  • Solidarität mit der Ukraine
  • die Verantwortung Russlands für den Krieg
  • das Recht der Ukraine auf militärische Selbstverteidigung gegen den russischen Angriffskrieg

Das „Manifest“, hingegen, macht für den fortgesetzten Krieg die Ukraine verantwortlich. Die Ukraine wolle „Russland auf ganzer Linie besiegen“, so als wäre es die Ukraine, die den Vormarsch auf Moskau plant. Vielmehr ist es Russland, das seit einem Jahr Kiew, Charkiw und praktisch alle anderen ukrainischen Städte bombardiert, mit Panzern einzunehmen versucht und teilweise besetzt hat, wodurch fortlaufend unschuldige Menschen getötet werden.

Forderungen an die russische Seite (z.B. sich auf die Staatsgrenzlinien von 1991, nach dem Zusammenbruch der UdSSR, zurückzuziehen) werden im „Manifest“ mit keinem Wort bedacht.

Hier geschieht eine wissentliche Täter-Opfer-Umkehr!

Dieses „Manifest“ bedient sich, bzw. wiederholt zentrale von Russland gestreute Narrative, in ihrem Informationskrieg:

  • Der Verteidigungskampf der Ukraine sei, da Russland eine Atommacht ist, aussichtslos
  • die Ukraine, wenn sie nicht bald einlenke, ein „entvölkertes Land“ sei
  • Weil sie einen 3. Weltkrieg provoziere, sei eine Unterstützung für die Ukraine verantwortungslos. Weshalb die Ukraine endlich „Kompromisse“, sprich einen Teil der russischen Kriegsziele erfüllen müsse.

Die russischen Kriegsverbrechen kommen bei Wagenknecht und Schwarzer dagegen als täterlose Begleiterscheinung des Krieges unerträglich verharmlosend daher:
z.B. „Frauen wurden vergewaltigt.“

Von der Ukraine geforderte Waffensysteme werden bedrohlich aufgelistet, dass aber Russland vergleichbare Waffensysteme bereits seit einem Jahr auf ukrainischem Boden gegen die Bevölkerung ohne jegliche Rücksicht auf diese einsetzt, wird nicht erwähnt.

Die von Russland mehrfach wiederholte Androhung den Einsatz von Atomwaffen ins Spiel zu bringen, ist ein beispielloser Tabubruch! Verurteilt wird er aber nicht als solcher, sondern als „Gegenschlag“ relativiert, als wäre es eine verständliche Reaktion aus einer Verteidigungssituation Russlands heraus. Auch hier geschieht wiederholt eine wissentliche Täter-Opfer-Umkehr!
Was unerträglich ist!

Was im „Manifest“ beschrieben wird, ist mitnichten unsere Sichtweise auf das Geschehen seit dem 24. Februar 2022. Und wir stehen weiterhin zu den Forderungen aus dem Beschluss des Bundesparteitags:

„Wir erkennen das Recht des ukrainischen Volkes auf Selbstverteidigung gegen den russischen Angriff entsprechend der UN-Charta Art. 51 an. Zur Beendigung des russischen Krieges gegen die Ukraine fordern wir den vollständigen Rückzug russischer Truppen aus der Ukraine und einen entsprechenden Waffenstillstand, der den Weg zu ernsthaften Friedensverhandlungen freimacht. Ein stabiler Friede ist nur zu erreichen, wenn die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine wiederhergestellt wird, die legitimen Sicherheitsinteressen der Russischen Föderation und Rechte nationaler Minderheiten angemessen berücksichtigt werden. Dabei ist klar:  Es braucht mehr als Appelle. Der Angreifer Russland muss an den Verhandlungstisch gezwungen werden. Wir stehen für eine Politik, die Demokratie, Frieden und Völkerrecht mit zivilen Mitteln verteidigt und Alternativen zur militärischen Logik stark macht. Wir unterstützen den Widerstand gegen Diktatur und Krieg!“
Auszug aus „Kriege und Aufrüstung stoppen. Schritte zur Abrüstung jetzt! Für eine neue Friedensordnung und internationale Solidarität“ (27.06.2022)

Daher halten wir das „Manifest“ für unvereinbar mit einer linken Haltung zum völkerrechtswidrigen Überfall Russlands auf die Ukraine und rufen deshalb jede und jeden dazu auf, dieses „Manifest“ kritisch anzuschauen, unsere Argumente dazu daneben zu legen und es in der Konsequenz nicht zu unterzeichnen, noch dieses zu unterstützen. Letztendlich muss dies aber jede und jeder für sich selbst entscheiden. Wir haben uns jedenfalls eindeutig gegen eine Unterstützung entschieden.

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